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Nr. 136 Ministerrat, Wien, 4. August 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Wacek; VS. Schwarzenberg; anw. Krauß, Bach, Thinnfeld, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 5. 8.), Krauß 8. 8., Bach 6. 8., Gyulai 8. 8., Schmerling 6. 8., Thinnfeld 5. 8., Kulmer 6. 8.; abw. Stadion, Gyulai, Bruck, Schmerling, Thun.

MRZ. 2626 – KZ. 2348 –

Protokoll der am 4. August 1849 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg.

I. Pensionsgesuch des ungarischen Exhofkanzlers Fidel Graf Pálffy

Der Ministerpräsident hat ein von dem gewesenen ungarischen Hofkanzler Fidel Pálffy de dato Preßburg 30. Juli eingelangtes Schreiben wegen Anweisung eines Ruhegenusses an den Finanzminister zur weiteren Verfügung geleitet. Der Bittsteller bemerkt, es sei ihm eine Donation versprochen worden, statt welcher ihm nun sein Gehalt von 16.000 fr. als Ruhegenuß angewiesen werden möge. Der Ministerpräsident erinnerte bei der Übergabe des Gesuches, Pálffy könne nicht der einzige Beamte sein, welcher 16.000 fr. als Ruhegenuß beziehe, und der Minister Baron Kulmer fügte bei, daß dem Grafen Pálffy, wie der erstere vernommen, 120.000 fr. versprochen worden seien, von welchem Betrage dem Bittsteller allenfalls die Interessen angewiesen werden könnten1.

II. Befestigung der Inneren Stadt Wien

Derselbe Minister [Schwarzenberg] brachte eine Eingabe des FZM. Baron v. Welden zur Sprache, worin dieser auf sein früheres Projekt zur Befestigung der inneren Stadt Wien zurückkommt2. Baron Welden bemerkt, er habe die diesfalls nötigen Ausarbeitungen veranlaßt, die nun vorgelegt werden können. In Friedenszeiten können die von ihm angetragenen Gebäude als Depots und Offiziers­wohnungen benützt werden. Wenn der Belagerungszustand aufgehoben werden sollte, würden sich diese Bauten als notwendig darstellen. Baron Welden trägt an, eine Kommission niederzusetzen, welche dieses Projekt zu prüfen und darüber ihre Meinung zu äußern hätte.

Dieser Gegenstand ist bereits früher dem Ministerrate vorgelegen, welcher die Pläne als unpassend gefunden hat. Die angetragene Kommission könnte etwas Besseres und Passenderes vorschlagen. Der Ministerrat teilte daher vollkommen die Ansicht des Ministerpräsidenten, daß gegen die Bestellung einer Kommission zur Prüfung der gedachten Angelegenheit kein Anstand obwalten könne.

|| S. 554 PDF || Es kam jedoch zu keinem eigentlichen Beschluß3.

III. Deutsche Angelegenheit

Hierauf las der Ministerpräsident zur Kenntnisnahme des Ministerrates zwei eben eingelangte Zirkularnoten an die deutschen Regierungen a) des bairischen Ministers v. der Pfordten und b) der königlich preußischen Regierung als Erwiderung darauf, die deutsche Frage betreffend, vor4.

IV. Kriegsschadenvergütung in Ungarn

Der Minister des Inneren Dr. Bach brachte die Anzeige des Oberlandeskommissärs für Ungarn Grafen Zichy zur Kenntnis des Ministerrates, daß er einem Individuum 5000 f. für die durch die Revolutionäre erlittenen Verwüstungen an seinem Eigentume angewiesen habe.

Der Ministerrat fand dagegen nichts zu erinnern5.

V. Vorgangsweise Wilhelm Freiherrn v. Hammerstein-Equord in Galizien

Der Minister Dr. Bach äußerte weiter, daß der in der letzteren Zeit eingehaltene Vorgang des FZM. Baron Hammerstein in Galizien nicht zu rechtfertigen sei6. Nachdem die vermutete Verschwörung sich nicht bestätiget, habe er mehrere Individuen, welche in der früheren Hochverratsuntersuchung vorgekommen, bloß wegen des Verdachtes, daß sie sich an solchen Umtrieben wieder beteiligen könnten, arretieren lassen. Die Ausweisung verdächtiger Individuen ist, wie der Minister bemerkt, nach dem Wunsche des Baron Hammerstein geschehen, und der Gouverneur Graf Gołuchowski habe sich bei ihm erkundigt, ob noch welche auszuweisen seien, und eine verneinende Antwort erhalten, und doch finde Baron Hammerstein jetzt Arretierungen ohne bestimmten gesetzlichen Grund vorzunehmen. Das ganze scheine eine Schöntuerei gegenüber von Rußland zu sein.

Der Minister Dr. Bach wird die Erledigung dieses Gegenstandes einstweilen verschieben, bis der dem Baron Hammerstein wegen seiner unmittelbaren Korrespondenz mit den russischen Autoritäten etc. abgeforderte Bericht eingelangt sein wird7.

VI. Einführung der Reichsverfassung in Kroatien

Gegen die von dem Minister Dr. Bach vorgelesene abgeänderte Proklamation des Banus wegen Einführung der Reichsverfassung in dem ihm unterstehenden Kronlande,|| S. 555 PDF || welche Proklamation man für die Kroaten ganz gut berechnet fand, ergab sich keine Erinnerung8.

VII. Beschlagnahme der Güter des Adam Fürsten Czatoryski

Auf die von demselben Minister gemachte Bemerkung, daß wegen des vorkommenden Briefes des Fürsten Czartoryski an den Rebellenhäuptling Dembińsky in Ungarn nun vielleicht mit der Beschlagnahme und Sequestration seiner Güter vorzugehen wäre, entgegnete der Ministerpräsident , daß die Güter seiner Frau gehören, nicht bedeutend seien, und der Fürst selbst nur wenig besitze9.

VIII. Vorschüsse für einige ungarische Kommissäre

Ferner wurde über den Antrag des Ministers Dr. Bach beschlossen, einigen ungarischen Kommissionären, welche von der Regierung nicht angestellt worden sind, Vorschüsse in angemessenen Beträgen zu bewilligen. Insoferne diese Beamten aus ihrer früheren öffentlichen Stellung (wie Luka, Majthényi u.a.) Ansprüche auf einen Genuß vom Staate haben, wären ihre diesfälligen, solche Ansprüche geltend machenden Gesuche abzuwarten10.

IX. Geburtstagsfeier des Kaisers

Bezüglich der für den 18. d.M. (das Geburtsfest Sr. Majestät) zu veranstaltenden Feierlichkeiten bemerkte der Minister des Inneren, daß diese Feierlichkeiten11 den diesfalls gepflogenen Nachfor­schungen zufolge stets von der Gemeinde veranlaßt wurdena, daß dabei angemessene kirchliche Feierlichkeiten stattfanden usw. Da aber derzeit keine Bürgergarde hier besteht, so sollte das Militär allein ausrücken, in welcher Beziehung eine entsprechende Note an den Kriegsminister zu erlassen wäre. Im übrigen wäre es den Gemeinden zu überlassen, die gedachten Feierlichkeiten in der bisher üblichen Art zu veranstalten12.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, den 23. August 1849.