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Nr. 131 Ministerrat, Wien, 30. Juli 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; anw. Krauß, Bach, Gyulai, Thinnfeld, Schmerling, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 31. 7.), Krauß 31. 7., Bach 31. 7., Gyulai 31. 7., Thinnfeld, Schmerling, Kulmer 31. 7.; abw. Stadion, Bruck, Thun.

MRZ. 2551 – KZ. 2060 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates gehalten zu Wien am 30. Julius 1849 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses, Fürs-ten v. Schwarzenberg.

I. Weigerung des Bans, ungarischen Kassaanweisungen anzunehmen

Der Kriegsminister referierte über eine Vorstellung des Banus Baron Jellačić gegen die Ausgabe der auf die Landeseinkünfte Ungerns lautenden Kassaanweisungen in Kroatien, Slawonien und Serbien mit dem Bemerken, daß er 806.000 fr. in solchen Anweisungen zurückgeschickt und deren Auswechslung in Banknoten und Silber verlangt habe. Als Grund der verweigerten Annahme wird angeführt, daß dermalen während des Krieges kein Verkehr zwischen Ungern und diesen Kronländern besteht, und daß selbst die Ankündigung einer Verordnung über die Hinausgabe der fraglichen Anweisungen in letzteren eine große Aufregung verursachen würde, weil man darin ein Mittel zur Zurückführung der Königreiche in den Verband mit Ungern erblicken würde1.

So wenig grundhältig auch diese Einwendungen sind, und so befremdlich es der Finanzminister findet, daß der Banus eine vom Ministerrate beschlossene und von Sr. Majestät sanktionierte Maßregel zu vollziehen sich weigert, so verstand sich der Minister doch dazu, den Hauptanstand des Banus nach dem Antrage des Justizministers dadurch zu beseitigen, daß den ungrischen Anweisungen auch in allen übrigen Kronländern (die dem ungrischen Kriegsschauplatz entfernt gelegenen ausgenommen) Zwangskurs verschafft und hierwegen die entsprechenden Bekanntmachungen veranlaßt werden. Geschieht dies, so erscheinen die ungrischen Anweisungen als ein allgemeines kaiserliches Kreditpapier und es entfällt hiermit jeder Vorwand, dabei eine beabsichtigte Wiedervereinigung Kroatiens etc. mit Ungern vorauszusetzen. In diesem Sinne würde dem Ban zu antworten sein, welchem überdies einen Teil der obigen Summe umzuwechseln der Finanzminister für dieses Mal sich bereit erklärte2.

II. Untersuchung gegen Ladislaus Gombos v. Hatháza und Adalbert Balás

Aus Anlaß des Einschreitens des FML. Baron Wohlgemuth um Betreibung der Untersuchung bei der Zentraluntersuchungskommission wider die bei dem bestandenen ungrischen Ministerium angestellt gewesenen Oberstleutnant Gombos und Major Balás, damit dieselben je nach dem Resultate der Untersuchung wieder in Dienste treten könnten, ersuchte der Kriegsminister um nähere Auskünfte über den Charakter und die Beteiligung der Genannten an jenem Ministerium, worüber nachforschen zu lassen der Minister Baron Kulmer sich erbot3.

Bei diesen zwei Vorträgen war der Minister des Inneren nicht gegenwärtig. Nach dessen Eintreten übergab ihm

III. Kaiserliche Antwort auf die rumänische Pettiton

der Ministerpräsident eine von Sr. Majestät herabgelangte Eingabe der romanischen Deputation, worin sie, nicht zufrieden mit der ihr auf ihre Petition wegen Anerkennung der romanischen Selb­ständigkeit vom Ministerium erteilten Antwort, eine Erledigung von Sr. Majestät unmittelbar begehrt4.

Solche kann nach dem Erkenntnisse des Ministerrates nicht anders ausfallen als die vom Ministerium erteilte. Der Minister des Inneren wird das Ah. Kabinettschreiben darnach entwerfen und in Vortrag bringen5.

IV. Armeeberichte des Generals Maxim Maximovič v. Grotenhjelm

Derselbe wird aus Anlaß einer Beschwerde des russischen Generals Grotenhjelm, daß seine Armeerelationen nicht in der Wiener Zeitung erscheinen, die Einrückung einer Zusammenstellung der bisherigen Kriegsoperationen dieses Generals sowie künftig der folgenden Relationen in die genannte Zeitung veranlassen6.

V. Abstellung aller politisch Belasteten in Galizien zum Militär

Den Antrag des Kommandierenden in Galizien, alle politisch Gravierten, wenn sie zum Militär tauglich sind, ohne Rücksicht auf das Alter, also auch unter 19 Jahren (wie in einem einzelnen Falle wirklich geschah), ex officio zum Militär abstellen zu lassen, erklärte der Minister des Inneren in solcher, nur zu einer Masse von Willkürlichkeiten Anlaß gebenden Allgemeinheit nicht unterstützen zu können, womit auch der Kriegsminister einverstanden war, wornach also das Erforderliche an Baron Hammerstein erlassen werden wird7.

VI. Geburtstagsfeier des Kaisers; Gnadenakte aus diesem Anlaß

|| S. 538 PDF || Vom Triester Landespräsidium langte die Anfrage ein, was bezüglich der beim Ah. Geburtsfeste Sr. Majestät des Kaisers zu veranstaltenden öffentlichen Feierlichkeiten vorzuzeichnen wäre. Beigelegt war ein diesfälliges Programm der Triester Munizipalbehörde8.

Der Ministerpräsident wird erheben lassen, was diesfalls bisher vorgeschrieben war, wobei es fernerhin auch verbleiben dürfte, vorbehaltlich dessen, was etwa die Gemeinden aus eigenem Antriebe mehr zu tun bereit wären9.

Da übrigens heuer das Ah. Geburtsfest Sr. jetzt regierenden Majestät zum ersten Male feierlich begangen wird, so dürften Se. Majestät, meinte der Minister des Inneren , bei diesem Anlasse einige besondere Gnadenakte zu üben geruhen. Diese hätten seines Erachtens zu bestehen: 1. in Verleihung von Auszeich­nungen für diejenigen, welche sich durch besondere Dienste, Treue und Anhänglichkeit an das Ah. Kaiserhaus etc. hervorgetan haben. Die Landesgouverneure, schon früher einmal aufgefordert, Verzeichnisse solcher verdienter Männer ihrer Provinzen vorzulegen, werden darum betrieben werden10. 2. In Begnadigung derjenigen politischen Gefangenen, welche wegen politischer Vergehen zu Arrest- oder Kerkerstrafen nicht über einem Jahr verurteilt worden sind. Der Minister des Inneren wird sich die Nachweisung über die Individuen dieser Kategorien vorlegen lassen11.

Der Ministerrat war mit diesen Anträgen einverstanden.

Die Ausführung einer weiteren Andeutung dieses Ministers wegen Gründung eines Verdienstordens, welcher, ohne alle Vorrechte der bisherigen Ritterorden, namentlich den Anspruch auf den Adel zu gewähren geeignet wäre, die Mittelstufe zwischen den Ritterorden und der Medaille zu halten, wurde einem späteren Zeitpunkte, etwa bei der Krönung Sr. Majestät, vorbehalten.

VII. Einrechnung des böhmischen Freikorps in das Rekrutenkontingent des Landes

Der Minister des Inneren referierte über das Begehren wegen Einrechnung des von der patriotischen Gesellschaft in Böhmen gestellten böhmischen Freikorps in das Rekrutenkontingent des Landes. Da dies Begehren bereits einmal abgeschlagen worden, so glaubte der Landeschef darin einen Ausweg zu finden, daß das Kontingent für Böhmen höher angesetzt und sofort von diesem die Abrechnung der Freikorpsmannschaft gestattet werde12.

Der Minister des Inneren fand jedoch einen solchen Vorgang bedenklich und schlug vor, daß, nachdem Böhmen an seinem Kontingente aus den früheren Jahren noch mit|| S. 539 PDF || einigen tausend Mann im Rückstande haftet, die Abrechnung der Mannschaft des Freikorps von diesen älteren Rückständen insofern zugestanden werde, als dies ohne Nachteil der notwendigen Ergänzung der Armee geschehen kann.

Da hiergegen nichts zu erinnern befunden wurde, so wird er im Einvernehmen mit dem Kriegsminister hiernach den Vortrag an Se. Majestät erstatten13.

VIII. Revision des Heeresverpflegungswesens

Die großen Kosten der Verpflegung der Armee, welche außer allem Verhältnisse zu der Truppenzahl stehen, bestimmten den Finanzminister zu dem Wunsche, das Heerverpflegswesen einer Untersuchung zu unterwerfen und bei demselben, wenn möglich, eine Zentralleitung zu bestellen, zu welchem Ende ein verläßlicher und tätiger Beamter nach Ungern und Galizien abzuordnen wäre, als welchen er den ehemaligen Hofrat Grafen Lažanzký bezeichnen würde. Die nähere Ausführung dieses Antrags behielt sich der Finanzminister vor, sobald er mit dem von der Bereisung Galiziens nächstens zurückkehrenden Kameralrate v. Weiß, der ohne Zweifel auch in der oben gedachten Beziehung manche Wahrnehmung dürfte gemacht haben, Rücksprache genommen haben wird14.

Am 31. Julius 1849. Schwarzenberg. Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, den 3. August 1849.