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Nr. 125 Ministerrat, Wien, 24. Juli 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Ransonnet; VS. Schwarzenberg; anw. Krauß, Bach, Gyulai, Thinnfeld, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 26. 7.), Krauß 8. 8., Bach 8. 8., Gyulai 11. 8., Thinnfeld 27. 7., Kulmer 27. 7.; abw. Stadion, Bruck.

MRZ. 2483 – KZ. 2292 –

Protokoll der in Wien am 24. Juli 1849 abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses, Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Abstellung des jungen Obrovacz zum Militär

Der Minister des Inneren brachte den in Galizien vorgekommenen Fall zur Sprache, daß der Sohn eines Edelmannes, Obrovacz mit Namen, welcher auf der Reise zu den magyarischen Insurgenten aufgefangen, durch den kommandierenden General Baron Hammerstein zum Militär abgestellt werden will, während der Landeschef Graf Gołuchowski sich wegen des erst 16jährigen Alters des Obrovacz dagegen erklärt.

Man vereinigte sich hierüber anzuordnen, daß dieser Jüngling an ein Militärerziehungshaus abgegeben werde1.

II. Bestrafung des Raaber Domkapitels

Der provisorische Minister des Inneren las einen Bericht des Oberdistriktskommissärs Rohonczy über die offen zur Schau getragene böse Gesinnung des Raaber Domkapitels, welche so weit ging, Prozessionen in der Umgegend für das Gelingen des Aufruhres anzuordnen und den Landleuten den Eid für die Republik abzunehmen.

Der Ministerrat fand es ganz angezeigt, gegen Priester, welche dergestalt ihre Stellung pflichtwidrig mißbrauchen, die Suspensio a temporalibus eintreten zu lassen2.

III. Valuta der sardinischen Entschädigung

Was die Valuta der von Sardinien zu zahlenden Entschädigung betrifft, wurde beschlossen, dieselbe ausdrücklich in Francs zu stipulieren, damit die jenseitige Regierung, wenn der Betrag in Gulden ausgedrückt würde, den Zwangskurs der Banknoten nicht etwa benütze, um ihre Zahlung faktisch zu reduzieren3.

IV. Verleihung des kaiserlichen Ratstitels

Aus Anlaß des von dem Ersten Obersthofmeister bei Sr. Majestät dem Kaiser au. gestellten Antrags (KZ. 270/1849) auf Verleihung des kaiserlichen Ratstitels an den Hofarchitekten Höhenrieder und den Hofzahlmeister Spatz4 brachte der Ministerpräsident den Grundsatz zur definitiven Abstimmung, ob überhaupt die Verleihung dieses Titels noch ferner Platz zu greifen hätte. Der Minister des Inneren Baron Doblhoff habe nämlich in seinem Vortrag vom 7. September 1848, KZ. 2444, aus Anlaß der Bitte des Leibchirurgen Semlitsch um Verleihung des kaiserlichen Ratstitels die Verleihung bloßer Titel in einem konstitutionellen Staate minder angemessen erklärt, und die Bitte des Semlitsch sei infolgedessen mit Ah. Entschließung vom 14. November 1848 zurückgewiesen worden5.

Nachdem aber seitdem von Sr. Majestät über Anträge der Ministerien des Handels, der Finanzen und des Unterrichts an acht verschiedene Individuen der kaiserliche Ratstitel verliehen worden ist6, nachdem auf diesen Titel von den Staatsbeamten sowohl als von dem sonstigen Publikum ein Wert gelegt wird, sodaß er das Ziel der Wünsche manches ergrauten Staatsdieners oder Lehrers bildet, und nachdem er ein erwünschtes Auskunftsmittel in jenen Fällen gewährt, wo Allerhöchstenorts eine Auszeichnung für Verdienste verliehen werden will, welche auf einen Orden keinen Anspruch begründen, so vereinigte sich schließlich der Ministerrat zu dem au. Antrage, Ew. Majestät dürften auch fortan den kaiserlichen Ratstitel an verdiente Individuen zu verleihen geruhen, und es müsse daher der Antrag des Fürsten Liechtenstein bezüglich des Spatz und Höhenrieder der Ah. Gnade anheimgestellt werden7.

V. Vollzug der Deportationsstrafe

Da unter den Strafen der Aufrührer in Ungarn auch die Deportation in der diesfälligen Kundmachung angekündigt ist, so sind an das Kriegsministerium bereits Anfragen gelangt, wohin die Sträflinge zu deportieren seien8.

Der Ministerrat beschloß über die diesfalls von dem Kriegsminister gestellt Frage, daß, nachdem ein zur Deportation aus Österreich zu verwendender Landstrich noch nicht ausgemittelt sei, die Individuen, deren Strafurteil auf Deportation lautet, einstweilen im sicheren Gewahrsam zu erhalten wären9.

|| S. 521 PDF || Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, den 23. August 1849.