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Nr. 111 Ministerrat, Schönbrunn, 6. Juli 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Ransonnet; VS. Kaiser; anw. Schwarzenberg, Krauß, Bach, Gyulai, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 7. 7.), Krauß 10. 7., Bach 10. 7., Gyulai 13. 7., Kulmer 10. 7.; abw. Stadion, Bruck, Thinnfeld.

MRZ. 2250 – KZ. 1866 –

Protokoll der zu Schönbrunn am 6. Juli 1849 in Ah. Gegenwart Sr. Majestät des Kaisers abgehaltenen Sitzung des Ministerrates.

I. Audienz für die Deputation aus Verona

Der Ministerpräsident erwirkte von Sr. Majestät die Ag. Bewilligung einer Audienz für die Deputierten der Provinz und Stadt Verona, bei welchem Anlasse anerkannt wurde, daß auf die von dieser Deputation zur Sprache zu bringende Aufhebung des Belagerungszustandes in Verona nicht einzugehen wäre1.

II. erwendung von k.k. Truppen gegen Räuberbanden im Kirchenstaate

Es wurde beschlossen, dem FZM. d’Aspre über die von ihm an den Ministerpräsidenten gerichtete Anfrage zu erwidern, daß er allerdings gegen die einen Teil Toskanas und des Kirchenstaates durch­ziehenden großen Räuberbanden mobile Truppenkolonnen anwenden könne, unter gleichzeitiger Verkündigung des Standrechts2.

III. Belagerungszustand in Florenz

Über den vom Kriegsminister gemachten Anwurf, die Stadt Florenz in Belagerungszustand zu erklären, wodurch, wie Minister Bach bemerkte, auch der Zügellosigkeit der dortigen Presse gesteuert werden könnte, geruhten Se. Majestät zu erinnern, daß eine militärische Notwendigkeit zu dieser Maßregel jetzt noch nicht vorhanden sei und es Aufsehen erregen müßte, wenn man diesen Schritt nach Pazifizierung des Landes und im Augenblick der Rückkehr des Großherzogs mache, während man ihn bei dem ersten Einrücken der k.k. Truppen in Florenz nicht für nötig befunden habe.

|| S. 465 PDF || Sämtliche Stimmen vereinigten sich sofort dahin, daß FZM. D’Aspre im Wege des Feldmarschalls zu ermächtigen wäre, den Belagerungszustand auszusprechen, sobald er es aus militärischen Gründen für notwendig hält3.

IV. Urbarialentschädigung in Böhmen, Mähren und Schlesien und Tirol

Aus Anlaß der von dem Minister Bach erstatteten au. Anzeige über den Stand der Vorverhandlungen wegen der Urbarialentschädigung in Böhmen, Mähren, Schlesien und Tirol entspann sich zwischen diesem Minister und dem Freiherrn v. Krauß eine Diskussion über die Frage, welche Preise [man] der Entschädigungsberechnung in Tirol und Steiermark zum Grunde legen solle.

Man behielt sich vor, diesen Gegenstand demnächst in nähere Erörterung zu ziehen4.

V. Auszeichnung für mehrere Bischöfe

Se. Majestät geruhten den Anträgen des Ministerrates wegen Bewilligung von Auszeichnungen für den Kardinalerzbischof Fürst Schwarzenberg, dann die Bischöfe von Breslau, Agram, Fünfkirchen, Brixen und den ruthenischen Bischof Jachimovics die Ag. Genehmigung zu erteilen5.

VI. Reorganisierung der öffentlichen Verwaltung in der serbischen Woiwodschaft

Den Gegenstand einer längeren Beratung bildete die Reorganisierung der öffentlichen Verwaltung in jenen Landesteilen, aus welchen eine Partei die „serbische Woiwodschaft“ gebildet zu sehen wünscht, welche Partei übrigens nach den neuesten Wahrnehmungen des Banus unter den Serben selbst, namentlich unter den Besseren und Gebildeteren, nur wenig Anhänger hat6.

Es wurde einstimmig anerkannt, daß der Patriarch Rajači, welcher durch Wühler mißbraucht wird, in seiner Stellung als kaiserlicher Kommissär nicht länger belassen werden könne, und daß es auch zur Beseitigung von Konflikten notwendig sei, den Wirkungskreis des Banus, des FML. Rukavina und des Generalmajors Mayerhofer in Absicht auf das Territorium gehörig abzugrenzen7. Jedenfalls wird es das einfachste und zweckmäßigste sein, auf einen Ausspruch über den Bestand der Woiwodina dermal nicht einzugehen, sondern in den okkupierten und noch weiters zu erobernden Teilen von|| S. 466 PDF || Südungarn dieselben provisorischen administrativen Einrichtungen zu treffen, wie im Norden und Westen des Landes. Sofort werde demnach der Banus anzuweisen sein, den Generalmajor Mayerhofer als Kommandant und den Gubernialrat v. Fluck als Ziviloberkommissär des zu schaffenden Militärdistrikts zu installieren. Gleichzeitig aber wäre Patriarch Rajačić nach Wien zu berufen, „um sich mit ihm über Angelegenheiten des Kultus und Unterrichts zu beraten“, wodurch er den bösen Einflüssen entzogen und dessen Enthebung von den Funktionen eines Kommissärs auf schonendere Weise und ohne Gärung im Land vermittelt werden könnte.

Se. Majestät geruhten diese Anträge Ag. zu genehmigen8.

VII. Reorganisierung der öffentlichen Verwaltung in der serbischen Woiwodschaft

Bezüglich der künftigen eventuellen Organisation der Woiwodina sprach der Minister Baron Krauß die von mehreren Seiten beifällig aufgenommene Ansicht aus, daß der Woiwod, nachdem ihm sowohl Militärgrenzbezirke als auch sogenanntes Provinziale unterstehen werden, ein Militär sein müßte, mit einer analogen Stellung wie der Banus von Kroatien.

VIII. Kaiserliche Zufriedenheit mit Oberst Vincenz Freiherr Schlechta v. Wschehrd

Über die von dem Kriegsminister angerühmten Verdienste des Obersten Schlechta bezüglich der ebenso schnell als zweckmäßig bewirkten Herstellung von Sanitätsequipagen wurde Graf Gyulai Ah. ermächtigt, dem genannten Obersten die Zufriedenheit Sr. Majestät auszudrücken9.

IX. Einberufung Anton Freiherrn v. Puchner und Entsendung Ludwig Freiherrn v. Wohlgemuth und Eduard Bachs nach Siebenbürgen

Nachdem FZM. Baron Puchner sich dem Kriegsministerium als gesund und bereit gemeldet hat, das Generalkommando in Siebenbürgen zu übernehmen10, derselbe aber, wie die Erfahrung gezeigt hat, nicht die nötigen Eigenschaften für diesen Posten besitzt, so geruhten Se. Majestät die Ah. Absicht auszusprechen, ihn sofort nach Wien zu berufen, wo ihm dann seine neue Bestimmung als Präsident des Obersten Militärgerichtshofes bekanntgegeben werden wird11. Die Absendung seines Nachfolgers, FML. Baron Wohlgemuth, wird sobald geschehen, als es tunlich sein wird, ihn vom Korpskommando in Ungarn zu entheben, worüber vorläufig das Gutachten des FZM. Baron Haynau eingeholt werden muß12. Da es jedoch dringend notwendig ist, ihm einen, den nationalen und politischen Parteien in Siebenbürgen ganz fremden, gewandten und vollkommen vertrauens­würdigen Zivilbeamten zur Seite zu geben, und die diesfällige Wahl eine sehr schwierige ist, so schlug Baron Krauß den ausgezeichneten Kreishauptmann in der Bukowina, Eduard Bach13, vor, welcher mit den Verhältnissen des || S. 467 PDF || Nachbarlandes Siebenbürgen vertraut ist, einige der Landessprachen versteht und überhaupt alle [Fähigkeiten] zur Lösung der gesetzten, allerdings schweren Aufgabe besitzt.

Minister Bach enthielt sich der Abstimmung, die übrigen Minister aber vereinigten sich sofort mit dem Antrage des Freiherrn v. Krauß, welchem auch Se. Majestät der Kaiser die Ah. Genehmigung zu erteilen und den provisorischen Minister des Inneren anzuweisen geruhten, hierüber Vortrag zu erstatten14.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, den 15. Juli 1849.