MRP-1-2-01-0-18490701-P-0107.xml

|

Nr. 107 Ministerrat, Wien, 1. Juli 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Ransonnet; VS. Schwarzenberg; anw. Krauß, Bach, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 1. 7.), Krauß 5. 7., Bach 5. 7., Kulmer 5. 7.; abw. Stadion, Gyulai, Bruck, Thinnfeld.

MRZ. 2177 – KZ. 1864 –

Protokoll der Sitzung am 1. Juli 1849 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Serbische Zustände

Der Ministerpräsident las ein von dem Banus Baron Jellačić aus der Batschka erhaltenes Schreiben, worin er bemerkt, daß sich unter der serbischen Bevölkerung nur wenig Sympathien für die Bildung der serbischen Woiwodschaft kundgeben, sodaß sich der „einstimmige Wunsch der serbischen Nation“ mehr als ein illusori-sches Produkt der Agitation darstellt. Übrigens bemerkt der Ban, daß ihm bei seinen Bestrebungen zur Regulierung der dortigen Verhältnisse die Stellung des Patriarchen Rajačić als kaiserlicher Kommissar hindernd im Wege stehe1.

II. Ordensverleihung an mehrere Bischöfe

Aus Anlaß der von dem Ministerpräsidenten zur Sprache gebrachten Ag. Verleihung des Leopold-Ordens-Großkreuzes an den allgemein verehrten Erzbischof von Breslau Freiherrn v. Diepenbrock2 wurde von den übrigen Ministern erinnert, daß der Präsident der Bischofsversammlung Kardinalerzbischof Fürst Schwarzenberg nicht minder als der Erzbischof von Breslau Sr. Majestät zu einer Ah. Auszeichnung empfohlen zu werden verdiene, in welcher Beziehung, dann wegen einer Ordensverleihung an den ruthenischen Bischof der provisorische Minister des Inneren sich die Erstattung seiner Anträge vorbehielt3.

III. Bitte um baldige Rückkehr des Kaisers nach Wien

Schließlich vereinigte sich der Ministerrat zu dem Beschlusse, an Se. Majestät einen au. Vortrag folgenden Inhalts zu richten:

„Allergnädigster Herr! Der tg. Ministerrat fühlt sich gedrungen, Eurer Majestät folgende au. Vorstellung zu unterbreiten.

Obgleich die Gegenwart Eurer Majestät bei der Armee begeisternd auf dieselbe wirkt und dem Fortschritte unserer Waffen nur sehr förderlich sein kann, und obgleich die Bevölkerung darauf stolz ist, Eure Majestät an der Spitze Ihres Heeres zu wissen, so äußert sich doch im Publikum die lebhafteste Besorgnis, das teuere Leben ihres Kaisers in dem Kriege gegen die Rebellen, nebst den Gefahren eines Krieges überhaupt, noch manchen bedenklichen Wechselfällen ausgesetzt zu sehen, welche Eure Majestät im Kriege gegen einen äußeren Feind nicht bedrohen würden. Der tg. Ministerrat, in Erwägung|| S. 456 PDF || dieser allgemeinen Stimmung und eingedenk der schweren Verantwortlichkeit, welche ihn treffen würde, darf nicht unterlassen, Eurer Majestät die dringende Bitte vorzutragen, daß Allerhöchstdieselben Sich bald in Ihre Residenz zurückbegeben wollen.“

Dieser Vortrag, von allen anwesenden Ministern gezeichnet, wurde sofort an Se. Majestät abgesendet.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, den 8. Juli 1849.