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Nr. 59 Ministerrat, Wien, 30. April 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Ransonnet; VS. Schwarzenberg; anw. Krauß, Bach, Cordon, Thinnfeld, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 1. 5.), Krauß 2. 5., Bach 2. 5., Cordon 2. 5., Thinnfeld, Kulmer 2. 5.; abw. Stadion, Bruck.

MRZ. 1331 – KZ. 1192 –

Protokoll der Sitzung am 30. April 1849 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten Schwarzenberg.

I. Einmarsch der russischen Hilfstruppen

Der Ministerpräsident eröffnete, daß nach den ihm zugekommenen Berichten der Befehl des Kaisers von Rußland zum Einmarsch der russischen Truppen bei Krakau den 2. Mai in Warschau eintreffen dürfte1. In der Bukowina werde das russische Hilfskorps bereits eingerückt sein. Aus der Moldau und Walachei aber werden vorderhand keine Hilfstruppen nach Siebenbürgen marschieren können, indem Rußland ain den Fürstentümerna keine Streitkräfte entbehren kann.

Fürst Schwarzenberg setzte den Ministerrat in Kenntnis, daß er den Generalmajor Fürsten Lobkowitz2 an den Kaiser von Rußland und den FML. Grafen Caboga3 an den Fürsten Paskiewich abzusenden beabsichtige.

Nachdem das Publikum unter den dermaligen Umständen von der Kooperation Rußlands zur Bewältigung der Insurrektion offiziell in Kenntnis gesetzt werden muß, so entwarf der Ministerpräsident darüberb einen kurzen, für die Wiener Zeitung vom 1. Mai bestimmten Artikel, mit dessen Fassung sämtliche Minister vollkommen einverstanden waren4.

II. Tägliche Kundmachung offizieller Berichte über die ungarischen Angelegenheiten

Minister Bach wies auf die Notwendigkeit hin, täglich offizielle Berichte über die Lage der Dinge in Ungarn zu bringen, um die vielen unwahren Gerüchte zu widerlegen|| S. 263 PDF || und die lebhaften Besorgnisse der Einwohnerschaft Wiens, welche sich schon in der Physiognomie der Stadt zu äußern anfangen, zu beruhigen. Nachdem es im Kriegsministerium dermal an gewandten Federn für derlei zur Öffentlichkeit bestimmte Artikel fehlt, so wird Minister Kulmer einen hiezu besonders geeigneten Mann, den pensionierten Rittmeister v. Babarczy, an Generalmajor Baron Cordon senden5.

III. Instruktion für die k.k. Truppenkommandanten in Frankfurt und Mainz

Der Kriegsminister äußerte, es scheine ihm nötig, die Kommandanten der k.k. Truppen in Frankfurt und Mainz mit einer Instruktion zu versehen, wie sie sich zu benehmen haben, wenn sie von der Reichsgewalt zum Einschreiten aufgefordert werden. Es können sich nämlich unter den gegenwärtigen wechselvollen Verhältnissen sehr verwickelte Fälle ergeben, wobei man das österreichische Militär vielleicht selbst in einem den Absichten der k.k. Regierung zuwiderlaufenden Sinne zu gebrauchen beabsichtigte.

Fürst Schwarzenberg glaubte, es dürfte den Truppenkommandanten einfach die Weisung erteilt werden, im Einverständnisse mit den dortigenc preußischen Befehlshabern vorzugehen, in zweifelhaften Fällen aber ihre Instruktion von dem kaiserlichen Gesandten Grafen Rechberg einzuholen6.

IV. Niederschlagung der in Gratz und Linz anhängigen älteren Preßprozesse

Nach dem Antrage des Justizministers Bach wurde beschlossen, die in Pragd, Gratz und Linz noch anhängigen älterene Preßprozesse einfach fallenzulassen, da sie bei den Bestimmungen des früheren Preßgesetzes zu keinem für die gute Sache günstigen Resultate führen dürften und dadurch nur eine schädliche Aufregung hervorgerufen würde7.

V. Marschroute der bei Krakau einmarschierenden russischen Truppen

Den Gegenstand einer längeren Beratung bildete auch die Frage über die Marschroute der bei Krakau einmarschierenden russischen Korps, ihre Beförderung mittelst Eisenbahn, Verpflegung etc.

Es wurde beschlossen, hierüber noch vorläufig mit dem Unterstaatssekretär v. Schöllhaimb und dem Generalsekretär der Ferdinand-Nordbahn Rücksprache zu pflegen, um die Vor- und Nachteile jeder Marschroute gehörig ins klare zu bringen und nichts zu verabsäumen, was in diesem wichtigen Augenblicke zum schnellen und erfolgreichen Einschreiten des russischen Hilfskorps beitragen kann8.

VI. Widerlegung des Gerüchtes über Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Minister Stadion und seinen Kollegen

Nachdem über den Bestand von Meinungsverschiedenheiten zwischen Graf Stadion und seinen Kollegen noch immer, namentlich auch durch das Journal „Die Presse“, viele unwahre Gerüchte verbreitet werden, so beschloß man, eine bestimmte Erklärung zu veröffentlichen, daß unter den sämtlichen Ministern Sr. Majestät eine vollkommene Einhelligkeit der Meinung besteht9.

VII. Transport der aus Ofen geretteten Kassen nach Graz

Der Finanzminister eröffnete, daß sämtliche Kassen aus Ofen glücklich geborgen seien, und es wurde beschlossen, dieselben nach Gratz transportieren zu lassen.

VIII. Barbezahlung der Lieferungen für das Militär in Ungarn

Baron Krauß forderte den Kriegsminister dringend auf anzuordnen, daß alle Lieferungen an die Truppen in Ungarn bar bezahlt würden. Das bisher beobachtete Requisitionssystem habe uns viele Feinde gemacht10. Den an Zahlungs Statt zu gebenden Anweisungen würde dadurch noch mehr Eingang verschafft werden, daß dieselben fortan auch in kaiserlichen Kassen außer Ungarn an Zahlungs Statt angenommen würden.

Gegen diese Maßregel wurde von keiner Seite eine Erinnerung erhoben11.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Olmütz, den 4. Mai 1849.