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Nr. 28 Ministerrat, Olmütz, 4. März 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Ransonnet; VS. Kaiser; anw. Schwarzenberg, Stadion, Krauß, Bach, Cordon, Bruck, Thinnfeld, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 4. 3.), Stadion, Krauß, Bach, Cordon, Bruck, Thinnfeld, Kulmer.

MRZ. 676 – KZ. 547 –

Protokoll der zu Olmütz am 4. März 1849 in Ah. Anwesenheit Sr. Majestät des Kaisers abgehaltenen Sitzung des Ministerrates.

I. Ah. Genehmigung des Verfassungsentwurfes

Se. Majestät geruhten dem Ministerrate zu eröffnen, daß Allerhöchstdieselben dem vorgelegten, definitiv redigierten Verfassungsentwurfe, wovon ein Abdruck dem gegenwärtigen Protokolle beigeschlossen ist, die Ah. Genehmigung zu erteilen geruhen.1

Sobald die diesfällige Urkunde ausgefertigt ist, wird die Drucklegung derselben in Wien in der Staats­druckerei mit möglichster Beschleunigung und Geheimhaltung veranlaßt werden. Gleichzeitig wird für die schnelle und getreue Übersetzung in die verschiedenen Landessprachen gesorgt, um die möglichst ausgebreitete Verbreitung des Inhalts dieser hochwichtigen Urkunde im ganzen Reiche zu bewirken2.

II. Entwurf des Ah. Manifestes vom 4. März 1849

Der Ministerpräsident verlas den Entwurf des Ah. Manifestes, womit die Verfassung herauszugeben wäre.3 Mit der Veröffentlichung einer solchen Ansprache an die Völker Österreichs und mit dem Hauptinhalte derselben waren sämtliche Minister einverstanden.

Der Handelsminister glaubte jedoch, daß der schlechte Geist, von welchem der Reichstag zu Kremsier erfüllt ist, und die Haltung des konstituierenden Reichstags überhaupt erst in zweiter Linie als Motiv seiner Auflösung und der Verfassungsoktroyierung || S. 149 PDF || anzuführen, das eigentliche und wichtigste Motiv aber vorauszustellen wäre, daß eine alle Länder Österreichs verbindende Verfassung von diesem Reichstage nicht ausgehen könne. Minister v. Bruck glaubte ferner, es dürfte in dem Ah. Manifeste auf den allgemeinen Wunsch der Bevölkerung hingewiesen werden, aus dem gegenwärtigen unentschiedenen Zustande politischer Gärung herauszutreten – welchem Wunsch Se. Majestät dadurch zu entsprechen gesonnen sind, daß Allerhöchstdieselben durch diesen Oktroyierungsakt die einjährige Periode der österreichischen Revolution definitiv abschließen.a

Mit diesen Amendements des Ministers v. Bruck war man allseitig einverstanden.4

III. Auflösung des Reichstages; Ah. Genehmigung der Patentsentwürfe über die Grundrechte und die Entschädigung für die aufgehobenen Urbariallasten

Eine längere Diskussion erhob sich aber über die Art und Weise, in welcher im Manifeste des österreichischen Reichstages zu gedenken wäre.5

Die Minister Graf Stadion, Baron Krauß und Dr. Bach waren nämlich der Meinung, daß die in dem vorgelesenen Entwurf enthaltenen Rügen gegen den Reichstag teils zu scharf ausgesprochen, teils auf den gesamten Reichstag nicht passend wären, da wohl einzelne Deputierte und der im Oktober aufgestellte Reichstagsausschuß sich die gerügten Handlungen haben zuschulden kommen lassen, der Reichstag selbst aber, obgleich terrorisiert, sich nicht so weit habe verleiten lassen. Die genannten drei Minister, mit welchen sich auch Ritter v. Thinnfeld vereinigte, glaubten demnach, daß im Manifeste der Reichstag ohne viele Rekriminationen kurz abzufertigen und derselbe dem Urteile der öffentlichen Meinung zu überlassen wäre, welche ihn bereits unnachsichtlich gerichtet habe. Die übrigen Minister glaubten, daß eine entschiedene Sprache bei dem gegenwärtigen Schritte ganz am rechten Ort erscheine, zumal der Reichstag die öffentliche Achtung völlig verloren habe.

Schließlich vereinigte sich der Ministerrat dahin, daß der Entwurf, welcher sofort einer neuen Redaktion nach dem Antrage des Ministers Bruck unterzogen wird, von den Ministern hierauf nochmals in sorgfältige Beratung genommen und deren Resultat der Ah. Genehmigung unterbreitet werde.

Es wird auch im Manifeste auf die gleichzeitig erlassenen Patente über die Grundrechte6 und über die Entschädigung für die aufgehobenen Urbariallasten hingewiesen werden, nachdem Se. Majestät die diesfälligen Anträge des Ministerrates Ah. zu genehmigen geruhen.7

IV. Ministerialerlaß aus Anlaß der Verfassungsoktroyierung

Der Ministerrat beschloß ferner über Antrag des Ritters v. Bruck, ein Ministerialproklam gleichzeitig mit dem Ah. Manifeste an alle Behörden und an den gesamten Klerus zu erlassen, worin das Ministerium den festen Willen ausspricht, die Revolution abzuschließen und die öffentliche Ordnung aufrecht­zuerhalten, und worin Beamte und Seelsorger aufgefordert werden, das Ministerium bei seinen Bestrebungen kräftig zu unterstützen.8

V. Vortrag des Ministerrates über das Entschädigungsgesetz für die aufgehobenen Urbariallasten

Der Justizminister las hierauf den Vortrag, womit der Ministerrat das nach den Beschlüssen des Ministerrates definitiv redigierte Urbarialentschädigungsgesetz zur Ah. Sanktion überreicht – welche Sanktion Se. Majestät zu erteilen geruhten.9

Dieser Vortrag, welcher die Motive des Gesetzes und seine Hauptbestimmungen enthält, wird veröffentlicht werden.10

VI. Termin für die Auflösung des Reichstages

Der Justizminister äußerte bezüglich des Zeitpunktes, wo die Kammer aufzulösen wäre, daß es am passendsten sein würde, hiezu den kommenden Mittwoch oder Donnerstag zu wählen, da für diese Tage keine Sitzung anberaumt ist und mithin der ganze Akt sich auf eine Zuschrift an den Reichstagspräsidenten beschränkt.

Hiemit war man allseitig einverstanden.11

VII. Besetzung des Unterrichtsministeriums

Graf Stadion erbat und erhielt von Sr. Majestät die Ermächtigung, einen Vorschlag zur Besetzung des Unterrichtsministeriums au. zu erstatten, nachdem es ihm unmöglich sei, unter so schwierigen Konjunkturen zwei Ministerien noch länger fortzuführen.12

VIII. Ordensverleihung an Major Sponzilli

Der Ministerpräsident trug darauf an, daß dem soeben in Aufträgen des Königs von Neapel hier anwesenden Major Sponzilli, welcher eine gelungene Übersetzung der Werke des Erzherzogs Karl geliefert hat, das Kleinkreuz des Ordens der eisernen Krone als ein Merkmal der kaiserlichen Huld Ag. verliehen werde.

Se. Majestät geruhten diesen Antrag Ag. zu genehmigen.13

Olmütz, 4. März 1849. Schwarzenberg. Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Olmütz, 7. März 1849.