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Nr. 27 Ministerrat, Wien, 28. Februar 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; anw. Stadion, Krauß, Bach, Bruck, Thinnfeld, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 1. 3.), Krauß 23. 4., Bach 24. 4., Bruck, Thinnfeld 1. 6., Kulmer.

MRZ. 599 – KZ. 774 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates, gehalten zu Wien am 28. Februar 1849 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Letzte Lesung des Grundrechteentwurfs

Letzte Lesung des ministeriellen Entwurfs der Grundrechte zur Verfassung, welcher sofort mit dem Vorbehalte angenommen wurde, daß der Justizminister die infolge der Gleichstellung der Konfessionen notwendig gewordenen Modifikationen in den Bestimmungen des Toleranzpatents und der demselben nachgefolgten Verordnungen zu entwerfen haben werde.1

II. Beantwortung der Interpellation über die Rekrutenaushebung

Der Minister des Inneren verlas den Entwurf seiner auf die Interpellation wegen der gegenwärtigen Rekrutenaushebung in der Reichsversammlung zu erteilenden Antwort.2

Der Justizminister erachtete, daß bei dem Umstande, wo die Erteilung einer oktroyierten Verfassung und sohin die Auflösung der Reichsversammlung bevorsteht, keine in derselben gemachte Interpellation mehr vom Ministerium beantwortet werden sollte – wenigstens insoweit dabei Prinzipienfragen zur Sprache kämen, weil eine derlei Beantwortung die Anerkennung der Wirksamkeit des Reichstags in sich schließen, sohin mit der bereits ausgesprochenen Absicht der Auflösung desselben im Widerspruche stehen und bei deren Realisierung dem Ministerium den Vorwurf der Unlauterkeit zuziehen würde3. Dies sollte jedoch nach dem Erachten des Finanzministers nicht alle Beteiligung der Minister an den Reichstagsverhandlungen (namentlich von seiner Seite bezüglich des Antrags wegen Zurücknahme der Verfügung über die Depositengelder) ausschließen.4

III. Letzte Lesung des Urbarialentschädigungsgesetzes

Letzte Lesung des Gesetzentwurfs über die Entschädigung der ehemaligen Urbarial- und Zehentenberechtigten.5

Derselbe wurde ohne Erinnerung angenommen.6

IV. Gesetzentwurf über das Reichsgesetz- und Regierungsblatt

Der Justizminister übergab den Entwurf eines Gesetzes über das Erscheinen und die Einrichtung des „Reichsgesetz- und Regierungsblattes“. Die darin § 1 enthaltene Bestimmung, daß nicht der deutsche, sondern der in der Landessprache der betreffenden Provinz abgefaßte Text in derselben als Urtext anzusehen sei, erschien sowohl dem Finanz- als dem Handelsminister etwas bedenklich und zu vielfältigen Verwickelungen (besonders in Prozessen) Anlaß gebend.

Allein, der Justizminister erklärte im Einklange mit Baron Kulmer diese Bestimmung für eine unbedingte Forderung und Konsequenz der grundsätzlich anerkannten Gleichberechtigung der Nationalitäten, wornach sofort auch der Gesetzentwurf angenommen wurde.7

V. Gesetzentwurf über die Organisierung des Justizwesens

Der vom Justizminister in Vortrag gebrachte Gesetzentwurf über die Organisierung des Justizwesens8 ward behufs dessen genauerer Prüfung durch jeden einzelnen Minister einer weiteren Beratung vorbehalten, nachdem der unterzeichnete Ministerpräsident bemerkt hatte, daß darin statt des Ausdrucks „Ministerium“ zu setzen sei „Ministerrat“, und daß der Paragraph, so vom Gerichtsstande der zum Ah. Kaiserhause gehörigen Personen handelt, in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Verfassung zu textieren wäre.9

VI. Urlaub für den Minister Ritter v. Thinnfeld

Dem Minister v. Thinnfeld ward auf sein Ansuchen von dem gefertigten Ministerpräsidenten ein zweitägiger Urlaub zugestanden.