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Nr. 23 Ministerrat, Wien, 24. Februar 1849 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Ransonnet; VS. Schwarzenberg; anw. Stadion, Krauß, Bach, Bruck, Thinnfeld, Kulmer; BdE. (Schwarzenberg 25. 2.), Krauß 23. 4., Bach 24. 4., Bruck, Thinnfeld, Kulmer; abw. Cordon.

MRZ. 569 – KZ. 761 –

[Tagesordnungspunkte]

Protokoll der zu Wien am 24. Februar 1849 abgehaltenen Sitzung des Ministerrates unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, zugleich Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten F[elix] Schwarzenberg.

[I.] Verfassungsentwurf

In der heutigen Sitzung beschäftigte sich der Ministerrat ausschließend mit der Fortsetzung der Beratung über den revidierten Verfassungsentwurf.1

Der Minister des Handels erklärte, er könne sich mit dem Prinzipe, welches der Bildung des Oberhauses zum Grunde liegt, nicht vereinigen. Seiner Meinung nach müsse das Oberhaus ein wahres Staatenhaus sein, es müsse ausschließend aus der Wahl der Provinzen hervorgehen. Gegen diese Ansicht wurde von Seite der Minister des Inneren und der Finanzen geltend gemacht, daß ein dergestalt zusammengesetztes Oberhaus in seinem Inneren zu viel separatistische und demokratische Elemente erhalten werde. Hierauf wurde von dem Handelsminister entgegnet, daß der hohe Zensus von 500 f. das beste Schutzmittel gegen die Wahl von Demokraten gewähre, und man vielmehr auf dem von ihm vorgeschlagenen Wege den großen Vorteil erreichen werde, daß sich im Oberhause ausschließend Personen aus den wohlhabenden Klassen, namentlich große Grundbesitzer, befinden. Von solchen Deputierten könne man mit Grund erwarten, daß sie in der Regel Stützen des Thrones, der öffentlichen Ordnung und konservativer Regierungsmaßregeln sein werden. Was die separatistischen Tendenzen betrifft, so seien dieselben nicht in allen Provinzen vorhanden, und selbst dort, wo man dieselben ausspricht, nicht ernstlich gemeint, und auf jeden Fall werde das Unterhaus das Bindungsmittel der Kronländer bilden. Nach reifer Erwägung der hier obwaltenden eigentümlichen Verhältnisse vereinigte man sich endlich zu folgender Textierung des § 41: „Die Zahl der Abgeordneten in das Oberhaus beträgt die Hälfte der verfassungsmäßigen Stärke des Unterhauses; die Art der Verteilung wird durch das Wahlgesetz dergestalt festgestellt werden, daß jedes Kronland zwei Abgeordnete zu senden hat, die übrige Zahl aber nach dem Verhältnisse der Bevölkerung unter allen Kronländern verteilt würde.“

Der § 59/67 wurde folgendermaßen textiert: „An der Gesetzgebung über die Reichsangelegenheiten nehmen die Abgeordneten aus allen Kronländern teil. Diese gemeinsame Teilnahme findet auch rücksichtlich der Gesetzgebung über das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsordnung und die Gerichtsverfassung statt. Insofern in Ungarn, Siebenbürgen, Kroatien und Slawonien samt dem kroatischen Küstenland und Fiume für diese angeführten Zweige der Gesetzgebung eigene, von der Gesetzgebung in den übrigen Kronländern abweichende gesetzliche Normen bestehen, wird für diese Teile

|| S. 134 PDF || der Gesetzgebung die Wirksamkeit der Landtage der österreichischen Kronländer aufrechterhalten. Es wird jedoch eine Aufgabe der Landtage dieser Kronländer sein, die bisherige Gesetzgebung in den erwähnten Zweigen einer Revision zu unterziehen, um die wünschenswerte Übereinstimmung der Gesetzgebung für alle Teile des Reiches baldigst herbeizuführen. Bis dieses erfolgt, haben die Abgeordneten derjenigen Kronländer, in welchen eine von den übrigen Ländern verschiedene Gesetzgebung in den genannten Zweigen besteht, sich der Teilnahme an den Verhandlungen hierüber bei dem Reichstage zu enthalten.“2

Ah. E. Ich habe den Inhalt des vorliegenden Protokolles zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Olmütz, den 27. März 1849.