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Nr. 123 Ministerrat, Wien, 23. September 1848 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Ransonnet; VS. Wessenberg; BdE. 23. 9. und anw. Doblhoff (außer bei V), Latour (außer bei V), Krauß, Bach, Hornbostel, Wessenberg.

MRZ. 3131 – KZ. –

Protokoll der Ministerratssitzung am 23. September 1848 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, zugleich Ministers des Äußern Freiherrn v. Wessenberg.

I. Geplanter Einfall slawischer Freischaren aus Mähren in Ungarn

Der Minister des Inneren teilte mit, es sei ihm von Seite des Unterstaatssekretärs v. Pulszky im Namen des ungarischen Ministeriums eine Aufforderung zugegangen, daß der von slawischen Freischärlern beabsichtigte bewaffnete Einfall aus Mähren nach Ungarn verhindert werden möchte1.

Hierüber wurde beschlossen, die entsprechenden Aufträge an den Kreishauptmann zu Olmütz zu erlassen2.

II. Geplante Herausgabe einer Bauernzeitung

Der Minister des Inneren unterrichtete den Ministerrat, daß er die Einleitung getroffen habe, damit ehebaldigst eine im guten Sinne redigierte „Bauernzeitung“ erscheine3.

III. Unterstellung wissenschaftlicher Sammlungen und Kabinette unter die Akademie der Wissenschaften

Der Minister des Äußern eröffnete, die Akademie der Wissenschaften habe sich an ihn gewendet, damit die in Wien befindlichen wissenschaftlichen Sammlungen und Kabinette des Ah. Hofes unter die Leitung der Akademie gestellt würden4.

Es wurde von dem Ministerrate die Zweckmäßigkeit dieses Antrages in doppelter Beziehung anerkannt: 1. im Interesse der Wissenschaften und der Sammlungen, und 2. weil dadurch Gelegenheit geboten würde, das Budget des Hofstaates – seinerzeit die Zivilliste – von den nicht dahin gehörigen beträchtlichen Auslagen für die Hofbibliothek und die Kabinette zu entheben.

|| S. 641 PDF || Es wurde daher beschlossen, über diesen Punkt die Verhandlung mit dem Obersthofmeisteramte und dem Ministerium des Unterrichts anzuknüpfen5.

IV. Trennung des Mineur- und Sappeurkorps in zwei Bataillone

Der Kriegsminister überreicht seinen Vortrag vom 23. September 1848, wegen Trennung des Mineur- und des Sappeurskorps in zwei Bataillone und Bestellung eines Majors für jedes derselben6.

Gegen diesen Antrag wurde von keiner Seite eine Erinnerung erhoben7.

V. Maßnahmen zur Beendigung des Bürgerkrieges in Ungarn

Als die Minister des Kriegs und des Inneren sich bereits entfernt hatten, brachte der Minister der Finanzen die Notwendigkeit zur Sprache, daß so bald wie möglich vom Ah. Thron aus ein entscheidender Schritt geschehe, um dem Bürgerkriege in Ungarn8 mit all den Greuel und schweren Verlusten, die er im Gefolge hat, ein Ende zu machen. Nicht allein das Wohl Ungarns und seiner Nebenländer, sondern auch die Wohlfahrt der deutschen Provinzen, ja selbst der Verband der ganzen Monarchie erscheine durch die Fortdauer des jetzigen Zustandes gefährdet, und das Ministerium habe daher die Pflicht, Se. Majestät zu bitten, in dieser Angelegenheit helfend einzuschreiten. Die anwesenden Minister Freiherr v. Wessenberg, Dr. Bach und Hornbostl traten dieser Meinung aus voller Überzeugung bei, und die sämtlichen anwesenden Stimmführer vereinigten sich sofort zu dem Beschlusse, Se. Majestät mittelst besondern au. Vortrages ehrerbietigst zu bitten, Se. kaiserliche Hoheit den Erzherzog Palatin schleunigst nach Wien zu berufen, um die Beilegung der ungarischen Wirren im Vergleichswege anzubahnen9.