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Nr. 99 Ministerrat, Wien, 25. Juli 1848 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Ransonnet; VS. fehlt; anw. Doblhoff, Krauß, Latour, Bach, Hornbostel, Schwarzer; abw. Wessenberg; BdE. Doblhoff.

MRZ. 1988 – KZ. –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates am 25. Julius 1848.

I. Untersuchung gegen die Beteiligten am Prager Pfingstaufstand

Der Minister des Krieges übergibt dem Justizminister einen Bericht des kommandierenden Generalen Fürsten Windischgrätz1, worin die Modalitäten der Fortsetzung der Untersuchung gegen die Teilnehmer an dem Aufruhre in Prag besprochen werden2.

Der Justizminister erklärt, es sei infolge der jüngsten parlamentarischen Erklärungen des Ministeriums3 zur dringenden Notwendigkeit geworden, die gemischte Untersuchungskommission zu Prag aufzulösen und die Inquisiten ihrem ordentlichen Gerichte zur Durchführung des gesetzlichen Verfahrens mit Anwendung der Öffentlichkeit und der Jury zu übergeben.

In der nächsten Sitzung des Ministerrates wird das diesfalls an den kommandierenden General in Böhmen zu Erlassende definitiv beschlossen werden4.

II. Reform der Regimentinhaberrechte

Der Kriegsminister entwickelte seine Ansichten über die Modifikationen, welche schon jetzt provisorisch in dem Rechte der Regimentsinhaber zur Beförderung der Subalternoffiziers einzuführen wären, um den Mißbräuchen in der Ausübung dieses Rechtes zu steuern.

|| S. 551 PDF || Über die von dem Justizminister – mit welchem sich auch die Minister des Inneren, des Handels und der Arbeiten vereinigten – erhobene Einwendung, daß diese Reform, weil nicht genug eingreifend, der öffentlichen Meinung und den Wünschen der Armee nicht genügen werde und schon in diesem Provisorium die Konzentrierung aller Ernennungen von Oberoffiziers bei dem Kriegsministerium auszusprechen wäre – äußerte Graf Latour , einen neuen Vorschlag in diesem Sinne ausarbeiten und demnächst Sr. Majestät erstatten zu wollen5.

III. Reform der öffentlichen Arbeiten

Der Minister der öffentlichen Arbeiten äußerte, er habe sich durch persönliches Nachsehen an den Arbeitsplätzen von der Notwendigkeit überzeugt, das ganze System der in und um Wien betriebenen öffentlichen Arbeiten6 umfassenden Reformen zu unterziehen, wobei sowohl das Interesse der Arbeiter als jenes der Staatsverwaltung durch Überwachung, Ausmaß des Lohnes und Abschluß von Akkorden besser, als es bisher geschehen ist, zu berücksichtigen wären. Zu diesem Ende würde (nach der Andeutung des Handelsministers) das bei dem Wiener Gemeindeausschusse bestehende Komitee für die öffentlichen Arbeiten7 ganz oder teilweise benützt und durch Kommissäre der verschiedenen dabei beteiligten Ministerien verstärkt werden – welches Komitee sofort unter der Oberleitung des Ministers v. Schwarzer die Löhnung der hier zum Grunde liegenden schwierigen sozialen Fragen zu besorgen hätte. Der Minister der öffentlichen Arbeiten wird nach reifer Überlegung über diesen ebenso dringenden als wichtigen Organisierungsgegenstand demnächst dem Ministerrate einen Entwurf vorlegen8.

IV. Gesetzentwurf für die Nationalgarde

Nachdem der Verwaltungsrat der Wiener Nationalgarde angesucht hat, daß demselben der bei dem Ministerium des Inneren ausgearbeitete Entwurf eines Gesetzes für die Nationalgarde zur Begutachtung mitgeteilt werde9, weil die bei der Redaktion des Gesetzes zugezogenen Abgeordneten der Nationalgarde damals noch nicht in der Lage || S. 552 PDF || gewesen seien, die Bestimmungen des Gesetzes vom praktischen Standpunkte zu würdigen, wie dies jetzt, auf Grundlage der mittlerweilen gesammelten Erfahrungen möglich wäre, so wurde über Antrag des Ministers Baron Doblhoff beschlossen, den in Rede stehenden Entwurf dem Verwaltungsrate zur fördersamsten Erstattung der sich darbietenden Bemerkungen mitzuteilen10.

Für die Richtigkeit: Doblhoff.