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Nr. 71 Ministerrat, Wien, 13. Juni 1848 – Protokoll II - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Ransonnet; VS. Pillersdorf; anw. Sommaruga, Krauß, Latour, Baumgartner; außerdem anw. Mensdorff (nur bei I); abw. Doblhoff, Wessenberg; BdE. Pillersdorf (13. 6.), Franz Karl (18. 6.).

MRZ. 1081 – KZ. –

Fortsetzung des Protokolles der Sitzung am 13. Juni 1848, vormittags um 10 Uhr, unter dem Vorsitze des interimistischen Ministerpräsidenten, zugleich Ministers des Inneren Freiherrn v. Pillersdorf.

I. Beginn des Pfingstaufstandes in Prag; Entsendung Mensdorffs und Klezanskys als Regierungsbevollmächtigte nach Prag

Der Minister des Inneren brachte die dem Generalen der Kavallerie Grafen Mensdorff und dem Hofrate Klezansky bezüglich ihrer Sendung nach Prag zu erteilende Instruktion in Vortrag, und der Ministerrat vereinigte sich dahin, daß sie nach der Form, wovon Ew. Majestät bereits eine Abschrift au. vorgelegt worden ist, auszufertigen sei.

Graf Mensdorff , welcher sich über die an ihn ergangene Einladung eingefunden hatte, wurde durch den Kriegsminister von dem ihm zuteil gewordenen wichtigen Auftrage unterrichtet und sofort in den Ministerrat eingeführt, woselbst er, nach Mitteilung der für die Abgeordneten bestimmten Instruktion, erklärte, er sei bereit, sich diesem schwierigen Geschäfte zu unterziehen, und er wolle die Lösung der ihm gewordenen Aufgabe in Gemäßheit der Instruktion und der von ihm weiters einzuholenden Weisungen des Ministerrates versuchen.

Graf Mensdorff und Hofrat Klezansky treten ihre Reise nach Prag heute um halb ein Uhr mittelst eines Separateisenbahntrains an1.

II. Bericht Graf Gabrio Casatis über die Verhaftung Eugen Freiherr v. Philippsbergs

Der Ministerpräsident teilte dem Ministerrate ein von dem Präsidenten der provisorischen Regierung in Mailand, Grafen Casati, erhaltenes Schreiben2 mit, worin derselbe über die stattgefundene Verhaftung des von hier aus zur Friedensunterhandlung abgesendeten k. k. Legationsrates v. Philippsberg3 einige Aufklärungen gibt, wonach die Veranlassung dieses auffallenden Schrittes teils in dem Mangel an einer förmlichen Akkreditierung Philippsbergs bei der dortigen Regierung, teils in seinen beschränkten Vollmachten, teils endlich in der Gleichzeitigkeit seiner Ankunft und der tumultuarischen Bewegungen in Mailand und in der Besorgnis, er sei bloß zur Agitation ausgesendet, gelegen ist.

An diesen Gegenstand knüpfet Casati einige Erklärungen über die Bereitwilligkeit der Mailänder provisorischen Regierung, dem Kriege durch ein friedliches Übereinkommen in Bälde ein Ende zu machen, doch müßte die Basis desselben die Unabhängigkeitserklärung || S. 421 PDF || der Lombardie sein, wogegen man jedoch der österreichischen Regierung finanzielle Vorteile zuerkennen würde.

Schließlich übermittelt Graf Casati ein Verzeichnis der von der dortigen Regierung in Freiheit gesetzten Geiseln, mit dem Ersuchen um reziproke Zugeständnisse.

Der interimistische Ministerpräsident hat dieses Schreiben bereits an den Minister des Äußern zum geeigneten Gebrauche geleitet4.

Ges. 18. Juni Franz Karl. Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Nachricht genommen. Ferdinand. Innsbruck, am 19. Juni 1848.