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Nr. 13 Ministerrat, Wien, 16. April 1848 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; RdA. Pipitz; VS. Ficquelmont; anw. Taaffe, Pillersdorf, Krauß. Sommaruga, Zanini; BdE. Ficquelmont (17. 4.), Franz Karl (17. 4.).

MRZ. 309 et 310 – KZ. –

Protokoll der Ministerratsversammlung vom 16. April 1848.

I. Silber für die Nationalbank

Mit dem hier vorliegenden au. Vortrage vom 16. April d. J., Z. 14201, bringt der Finanzminister die in Folge fortgesetzter Beratungen mit der Bankdirektion erzielten Resultate behufs der Konsolidierung der Nationalbank mittelst Herbeischaffung von Silber zur Ah. Genehmigung.

Es ist ihm nämlich gelungen, die Direktion der Nationalbank für ihre an den Staat in betreff der schwebenden Schuld habenden Forderung von 60 Millionen Gulden mit einer Hypothek von 30 Millionen Gulden auf die Saline Gmunden zufriedenzustellen2, welche Hypothek zunächst dem Zwecke dienen soll, der Bank durch Ankauf von Silber und Gold im Auslande die zur Verwechslung ihrer Noten erforderliche Münze zu verschaffen.

In Absicht auf die Bedeckung des Staatsaufwandes für die nächste Zukunft hat der Finanzminister mit der Bank, dem niederösterreichischen Landstand Baron Stifft, den Bankiers Stametz, Mayer, Rothschild (Vater und Sohn), dann dem Fabriksinhaber Robert Besprechungen gepflogen.

Baron Stifft riet zur Vorsicht mit Anweisung von Hypotheken für die Bank und machte auf die Schwierigkeit aufmerksam, eine solche Maßregel vor dem Reichstage zu verantworten. Dies wirkte. Man ist von der Idee der Zentralkasseanweisungen in der früher vorgeschlagenen Art abgegangen und einigte sich in folgenden Punkten:

1) Die Staatsverwaltung widmet eine weitere Hypothek von 30 Millionen Gulden zur Fundierung eines Anlehens in Form einer schwebenden Schuld von 30 Millionen Gulden.

2) Zu diesem Zwecke werden verzinsliche Partialpfandanweisungen über 50f., 100f., 500f. und 1000f. auf vier, acht oder zwölf Monate lautend hinausgegeben.

3) Die Verzinsung erfolgt anticipando mit jährlichen 5, 5,5 oder 6%, je nachdem die Pfandanweisungen auf vier, acht oder zwölf Monate lauten.

|| S. 73 PDF || 4) Die Hinausgabe erfolgt durch die Bank, ohne daß jedoch die Benützung der Staatskassen zur Vermittlung der Hinausgabe dadurch ausgeschlossen wäre.

5) Die Einlösung der fälligen Pfandanweisungen geschieht, wenn nicht etwa deren Umtausch gegen neue Anweisungen verlangt werden sollte, bei der Zentralkasse und den Einnahmskassen der Provinzen und werden auch an Steuer statt bei den Kassen angenommen.

6) Die Bank macht sich anheischig, gleich itzt einen Vorschuß von 10 Millionen Gulden gegen 4% Verzinsung, einen weiteren von 10 Millionen nach Maßgabe des eintretenden Bedarfes, endlich die letzten 10 Millionen, nach Abschlag der durch Staatskassen eingebrachten Summen, später auf Verlangen zu leisten, wobei sie sich jedoch vorbehält, daß, sofern sich ihre Verhältnisse nicht gebessert hätten, auf den Betrag der von ihr in Umlauf gesetzten Pfandanweisungen Rücksicht genommen und die Einzahlung des letzten Dritteils an das Ärar mit dem erwähnten Betrage in ein angemessenes Verhältnis gestellt werde, so z. B. wenn die Bank von den zweiten 10 Millionen nur erst 5 Millionen abgesetzt hätte, ihr nicht wieder 10, sondern nur 5 Millionen solcher Papiere zu geben wären.

Auf diese Weise sind die Finanzen für 20 Millionen gedeckt.

Diese Papiere dürften Anwert finden, weil sie a) auf kurze Zeit ausgestellt, b) auf Hypothek gegründet und c) mit einem Zinsfuße verbunden sind, der in dem Verhältnisse der längeren Dauer der Verwendung steigt.

Die Saline Wieliczka wurde hierbei ihrer minderen Sicherheit wegen nicht berücksichtiget.

Der Ministerrat erkennt diese Anträge des Finanzministers zur Ah. Genehmigung vollkommen geeignet3.

II. Entschädigung der Wiener Fleischerinnung

Hierauf brachte der Finanzminister die von dem Minister des Inneren erhaltene Verhandlung zur Sprache, der hiesigen Fleischerinnung dafür, daß sie in der ersten Hälfte dieses Monates das [Pfund] Fleisch statt des satzungsmäßig entfallenden Betrages von 12 Kreuzer mit 11 Kreuzer verkauft habe (wozu sie nicht verpflichtet war), eine Entschädigung zu gewähren4.

|| S. 74 PDF || Diese würde, da die für ein Stück Vieh entfallenden 8f. 30 Kreuzer auf 7f. 30 Kreuzer herabgesetzt wurden, beiläufig 21.000f. betragen.

Die Finanzen sind zwar zu einer solchen Entschädigung nicht verpflichtet; allein, da sie die Kommune nicht leisten kann und es zur Beschwichtigung der sonst zu besorgenden Aufregung notwendig erschien, von den Satzungsdirektiven abzuweichen, so meinte der Finanzminister, daß von den Finanzen zu diesem Zwecke nur 21.000f. anzuweisen, das allenfällige, noch näher zu ermittelnde Plus aber von der Kommune zu übernehmen wäre, mit dem Vorbehalte jedoch, daß, wenn die Fleischpreise wieder sinken, die Fleischsatzung höher belassen werde, um den gedachten Betrag für die Finanzen wieder hereinzubringen.

Die Innung hätte diesfalls einen Revers auszustellen.

Der Ministerrat erklärte sich damit einverstanden und der Finanzminister hat demgemäß bereits die entsprechenden Verfügungen erlassen5.

III. Übertragung der Krakauer Hofkommissarstelle an Graf Heinrich Castiglioni

Der Minister des Inneren machte auf den gegenwärtigen Zustand Krakaus aufmerksam, welches durch die polnische (6 – 7000 Mann starke) Emigration bedroht werde, und wo die politische Verwaltung demoralisiert und ohne Haupt sei6. Es sei dringend notwendig, die Verwaltung dort in ganz verläßliche und geeignete Hände zu geben.

Graf Stadion hat auf niemanden hinzudeuten gewußt7.

Der Minister meint, daß der dort kommandierende General Castiglioni die Stelle des Hofkommissärs, wie sie Graf Deym versah, zu übernehmen hätte, da er beliebt ist und die allgemeine Achtung genießt. Er ist zwar kränklich und mit seinen eigenen Obliegenheiten hinlänglich beschäftiget, dessen ungeachtet wäre ihm aber diese Kommissärsstelle wenigstens provisorisch zu übertragen, da es bei ihm mehr um den moralischen Eindruck und die Leitung des ganzen als um das Selbstschreiben (was er anderen überlassen kann) zu tun ist.

Die Minister des Inneren und des Kriegswesens werden diesfalls – nach erhaltener Zustimmung des Ministerrates – das Nötige veranlassen8.

IV. Gesuch der Militärpolizeiwachmannschaft um Bildung eines Freikorps für Italien

Anzeige des Ministers des Inneren, daß die hiesige, ungefähr 1100 Mann starke, gegenwärtig unbeschäftigte Militärpolizeiwachmannschaft das Einschreiten macht, aus ihr ein Freibataillon zum Kriegsdienste in Italien zu bilden. Ein Teil dieser Mannschaft ist ordentlich und dienstfähig.

Der Minister des Inneren wird den hiesigen provisorischen Polizeioberdirektor vernehmen, ob diese Mannschaft nicht teilweise zur Bildung einer Munizipalgarde verwendet werden könnte9.

V. Abfindung für den Pächter des Kärntnertortheaters

Es ist dem Ministerrate bekannt, daß die italienische Oper hier, wegen der gegen die Italiener herrschenden Aufregung, nicht eröffnet werden konnte10. Der Pächter des Kärntnertortheaters Ballochino hat aus Anlaß des ihm dadurch erwachsenen Nachteiles zu einem Übereinkommen die Hand geboten. Er verlangt nämlich eine Entschädigung von 12.000f. für sich und von 3000f. für seine Leute, dann wolle er von der Theaterpachtung abstehen. Er genießt bekanntlich vom Staate, zum Teil wegen der italienischen Oper, eine Subvention von 75.000f. jährlich11.

Die oberwähnte Abfindung erscheint hiernach in finanzieller Beziehung nur günstig. Um das Opernpersonale nicht preiszugeben, hat sich eine Gesellschaft angetragen, das Theater, ohne sonstige Opfer von Seite des Staates als der bloßen Überlassung des Hauses, zu übernehmen und fortzuführen12.

Der Ministerrat erklärte sich unter den angegebenen Umständen einverstanden, daß der Vertrag mit Ballochino aufgelöst und ihm eine Abfindung von 15.000f. im ganzen erfolgt werde13.

VI. Umbenennung der nach dem König von Sardinien und Großherzog von Toskana benannten Regimenter

Der in dem vorliegenden au. Vortrage vom 15./16. April d. J., Z. 1631, von dem Minister des Kriegswesen gestellte Antrag, daß bei den so offen an den Tag gelegten feindseligen Gesinnungen des Königs von Sardinien und des Großherzogs von Toskana gegen Österreich die ihren Namen führenden österreichischen Regimenter König von || S. 76 PDF || Sardinien Husaren und Großherzog Toskana Dragoner aufhören, diese Namen weiter zu führen, und dafür jene ihrer bisherigen zweiten Inhaber FM. Graf Radetzky und FML. Baron Boyneburg annehmen, wird von dem Ministerrate zur Ah. Genehmigung ganz geeignet erkannt14.

VII. Beförderungen im Marinekorps

Mit dem weiteren au. Vortrage vom 13./16. April d. J., Z. 1632, trägt der Kriegsminister auf einige im treu gebliebenen Marine-Offizierskorps15 erforderliche Beförderungen an, von welchen er einen Teil in Anhoffnung der Ah. Genehmigung, um welche er bittet, gleich selbst verfügt hat.

Sein Antrag geht dahin, den Schiffskapitän, Obersten v. Buratović, in Anerkennung seiner bewiesenen Treue16 mit dem Ritterkreuz des kaiserlichen Leopoldordens zu zieren und denselben in seiner dermaligen Charge dem Triester Militärkommandanten für Marineangelegenheiten beizugeben. Ferner trägt er an, den Fregattenkapitän Ludwig v. Kudriaffsky mit Vorbehalt des Ranges für seine Vormänner zum Schiffskapitän und zugleich zum Kommandanten der Schiffsdivision zu ernennen.

Die von ihm selbst verfügten Beförderungen, um deren Ah. Genehmigung er hier bittet, erscheinen im Extrakte, Z. 1632/1848, umständlich aufgezählt17.

VIII. Genehmigung der von Radetzky getroffenen Maßnahmen

Ebenso macht er auf mehrere vom Grafen Radetzky getroffenen Verfügungen aufmerksam, um deren Ah. Genehmigung er gleichfalls bittet18.

IX. Militärische Ernennungen

In dem dritten au. Vortrage vom 14. April d. J., Z. 1425, trägt der Kriegsminister an, den körperlich gebrechlichen Brigadier von Erlau, GM. v. Riepenhoff, normalmäßig zu pensionieren; den Brigadier von Wien, GM. Baron Cordon, nach Mainz zu versetzen; den Obersten von Erzherzog Ferdinand Chevauxlegers Hollner zum Generalmajor und Brigadier in Erlau, zum Generalmajor und Festungskommandanten in Salzburg den Obersten Baron Eynatten; zum Brigadier in Wien den Obersten Baron Baltheser, und den diesen dreien im Range vorgehenden Obersten v. Langenau mit Belassung in seiner diplomatischen Verwendung zum Generalmajor zu ernennen.

Gegen diese in den beiden letzteren Vorträgen enthaltenen Anträge des Kriegsministers fand der Ministerrat nichts zu erinnern19.

X. Ausrücken der Prager Nationalgarde zur Geburtstagsfeier des Kaisers

Ferner zeigte der Kriegsminister dem Ministerrate an, daß der Herr Erzherzog Karl Ferdinand in Prag ihn vertraulich um die Weisung ersucht habe, ob er zum || S. 77 PDF || bevorstehenden Ah. Geburtstage Ew. Majestät die Prager Nationalgarde, was allgemein gewünscht werde, gemeinschaftlich mit der Garnison ausrücken lassen dürfe. Diese Ausrückung und Parade würde am 24. d. M., einem Feiertage, statt am 25. stattfinden und am 25. das Fest im Prager Dom gefeiert werden.

Der Kriegsminister schrieb dem Herrn Erzherzoge und billigte sein Vorhaben, das zur guten Stimmung in Prag viel beitragen kann.

Der Ministerrat erteilte diesem Vorgange seine volle Zustimmung20.

XI. Verlegung zweier nichtslawischer Regimenter aus Galizien nach Ungarn

Schließlich bemerkte der Kriegsminister, daß das ungarische Ministerium durch den Fürsten Esterházy die Verlegung zweier Regimenter aus Galizien nach Ungarn der Aufrechterhaltung der Sicherheit wegen anspreche, welche Regimenter der ungarischen Nationalität oder doch keiner slawischen sein sollen21.

Dieses scheint dem Kriegsminister das erste Beginnen zu sein, ungarische Regimenter ins Land zu ziehen und sich dadurch noch mehr unabhängig zu machen.

Über diesen Gegenstand werde der Kriegsminister nächstens einen eigenen au. Vortrag erstatten22.

Ges. 17. April. Franz Karl. Vidi. Ferdinand. Wien, den 18. April 1848.